• Laufzeit20. April 2012 - 12. August 2012
  • OrtNationalgalerie der Gegenwart
  • Die Ausstellung wurde ermöglicht durch die Freunde der Nationalgalerie.

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Foto: David von Becker

Foto: David von Becker

Anthony McCall (geb. 1946 in St. Paul’s Cray, England) wurde Anfang der 1970er Jahre mit seinen einzigartigen Lichtinstallationen, den Solid Light Films, bekannt. Der Hamburger Bahnhof widmet seinem Werk nun die bisher größte Ausstellung überhaupt. Eine Auswahl der Arbeiten aus den letzten zehn Jahren wird in der historischen Halle des Museums präsentiert. Eigens dafür ist der weitläufige ehemalige Bahnhof mit seinen zahllosen Fenstern in einen dunklen Kinoraum (Black Box) verwandelt worden, nur gefüllt mit Nebel und Schleiern aus Licht.

Für seine Werke hat McCall eine unverwechselbare Technik entwickelt: Weiß auf schwarz gezeichnete, animierte Linien werden in einen mit feinem Dunst (ursprünglich Rauch und Staub) gefüllten Raum projiziert, sodass sich die zweidimensionalen Zeichnungen als scheinbar konkrete, dreidimensionale Formen ausdrücken. Der Künstler begann die Serie 1973 nach seinem Umzug nach New York (wo er seither lebt) mit dem einflussreichen Film Line Describing a Cone und entwickelte das Konzept in Installationen wie Long Film for Four Projectors (1974) weiter. Ursprünglich von der filmischen Avantgarde im Umkreis der London Film-Makers’ Co-op inspiriert, stellte der Künstler von Anfang an das Kino auf den Kopf, verlangsamte es und erzeugte einen in seiner ganzen Ausdehnung zu begehenden öffentlichen Raum. Seine Arbeiten existieren folglich an den Grenzen von Kino, Skulptur und Zeichnung. Die Werke sind flüchtig, muten aber dennoch greifbar und körperlich an. Horizontal durch den Raum an die Wand geworfen, oder in den neuesten Werken von der Decke auf den Boden fallend, hüllen sie den Betrachter in einzigartige, sich langsam bewegende Lichtkegel.

Nach über zwanzigjähriger Schaffenspause knüpfte McCall kurz nach der Jahrtausendwende wieder an diese Werke an. Die Verfügbarkeit von Computeranimation und digitaler Projektion gaben ihm die Mittel, seine konzeptuellen Ideen neu zu formulieren und seine Formensprache weiterzuentwickeln. In den folgenden Jahren schuf er eine ganz neue Reihe von Werken. Doubling Back von 2003 war sein erster neuer Solid Light Film. Darin bewegen sich zwei geschwungene Linien durcheinander hindurch und erinnern vage an eine sich überschlagenden Welle. Die Doppelprojektion Leaving (2009) ist bislang die einzige Arbeit, die Ton verwendet: Geräusche (ambient sound) vom New Yorker West Side Highway und Schiffsverkehr auf dem Hudson River untermalen zwei sich wandelnde Formen an der Wand.

Während die horizontal projizierten Arbeiten noch an das Betrachten eines Films im Kino erinnern, wo der Strahl des Projektors den Raum der Länge nach durchmisst und an seinem Ende auf die Leinwand trifft, können die seit 2005 geschaffenen Vertikalprojektionen, die Licht von der Decke scheinen lassen, vom Betrachter umgangen werden und streben deshalb eindeutiger in den Bereich der Skulptur hinein. Auch hier verwendet McCall organische, geschwungene Linien, viele der Arbeiten stellen darüber hinaus durch den Titel einen direkten Bezug zum Körper her, so zum Beispiel Between you and I (2006) oder Meeting you halfway (2009). Bei aller konzeptueller und formaler Stringenz schafft McCall auf diese Weise auch immer einen offenen Raum, in dem sich Zuschauer frei umherbewegen, mit den Werken interagieren, miteinander kommunizieren oder einfach herumschlendern können.