• Laufzeit13. Oktober 2004 - 09. Januar 2005
  • OrtAlte Nationalgalerie
  • Eine Ausstellung der Alten Nationalgalerie in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle. Ermöglicht durch den Verein der Freunde der Nationalgalerie.

Max Liebermann war bereits ein weithin berühmter Maler, als er die Reihe seiner Gartenbilder begann. Über mehrere Jahrzehnte hinweg hatte er seine Sommer in Holland verbracht. Hier fand er die Motive für seine naturalistischen Werke und hier wandte er sich in den neunziger Jahren zunehmend impressionistischen Tendenzen zu. Der über Sechzigjährige dann erschloß sich ab 1910 am Wannsee ein neues Lebensumfeld und bereicherte mit über 200 Gartenbildern sein Werk um eine ganz andere Komponente.

1909 hatte sich Liebermann das Grundstück am Großen Wannsee in Berlin erworben, im folgenden Jahr ließ er sich ein vornehm schlichtes, von klassizistischen Vorbildern beeinflusstes Haus darauf errichten und in stetem Austausch mit seinem Freund Alfred Lichtwark, dem Direktor der Hamburger Kunsthalle, einen hoch modernen, geometrisch-formalen Garten anlegen. Ab 1914, veranlasst auch durch den Ersten Weltkrieg, verbrachte er seine Sommer in Wannsee und hielt nun die immer gleichen Partien seines Gartens in immer neuen Gemälden und Pastellen fest. Ein ganzer Werkblock entstand so auf engstem Raum. Diese Bilder entziehen sich der stilistischen Einordnung, die dem alten Liebermann auch bereits völlig gleichgültig geworden war.

Wohl ist der Ausgang vom Impressionismus noch erkennbar, mit Bildern von Manet, Monet und anderen Impressionisten schmückte Liebermann auch des Sommers die Wände seines Landhauses. Manche Werke dagegen, insbesondere jene des Staudengartens, nähern sich in ihrer üppigen Farbenpracht Werken des Expressionismus. Doch hielt Liebermann bewusst an der Objektfarbe fest, eher passte er die Bepflanzung seinen jeweiligen Farbwünschen an. Die Bilder der Blumenterrasse wiederum sind meist klar und deutlich konstruiert, von der Form her aufgebaut. Sie scheinen von den ästhetischen Erwartungen der zwanziger Jahre geprägt. Manche Darstellungen verschwinden in schimmernder Atmosphäre, andere bleiben sachlich kühl.

In seinen verbalen Äußerungen bezog sich Liebermann weder auf das optische Sehen der Impressionisten, „ein Auge und nur ein Auge sein“, noch auf das seelische Ausdrucksverlangen der Expressionisten. Er bezeichnete sich mehrfach als Pantheisten und bezog sich dabei auf Goethe, wie auf Spinoza, gleich vielen anderen jüdischen Intellektuellen seit Heinrich Heine. Liebermann suchte einen subjektiven Ausdruck in Achtung vor dem Gegenständlichen, dem späten Monet nicht unähnlich.

Lange Zeit standen Liebermanns Gartenbilder im Schatten der großen, bedeutenden, naturalistischen Figurenbilder, wie den Flachsspinnerinnen oder der Schusterwerkstatt, die noch heute zu den Glanzlichtern der ständigen Ausstellung in der Nationalgalerie gehören. Bei der großen Liebermann-Ausstellung 1997 in der Alten Nationalgalerie fielen sie gegenüber den großen Kompositionen scheinbar ab. Nun also ist den Gartenbildern eine eigene Schau gewidmet und sie entwickeln darin einen unerwarteten Glanz und malerischen Reichtum, wie man zuerst in der Hamburger Kunsthalle, der ersten Station der Ausstellung erfahren konnte.Die Gartenbilder Liebermanns erzählen wenig, sie sind meist menschenleer, undramatisch, auch unromantisch.

In gleich bleibend intensiver Zuwendung zu den immer selben Motiven, den Blumenstauden am Gärtnerhäuschen, der Blumenterrasse, der Birkenallee, spürte Liebermann Farben und Formen nach und der Malerei an sich, und das wirkt überraschend heiter und beglückend.

Das Jahr 2004, in welchem Hamburg und Berlin diese Ausstellung zeigen, ist dem Thema >Garten< in ganz besonderer Weise gewidmet. Das Land Brandenburg hat „Landschaft und Gärten“ zum Thema landesweiter kultureller Aktivitäten gemacht. In England wird ein „Jahr des Gartenbaus“ begangen, mit einer großen Ausstellung englischer Gartenbilder aus den letzten beiden Jahrhunderten in der Tate Britain. Und im Kunsthaus Zürich schließlich wird es eine Ausstellung „Monets Garten“ geben.Aber nicht nur weil das Thema >Garten< offensichtlich dem Zeitgeist in ganz besonderer Weise entspricht, hat sich die Nationalgalerie zur Übernahme dieser zunächst für die Hamburger Kunsthalle konzipierten Ausstellung entschieden.

Max Liebermann war seiner Heimatstadt Berlin und diese ihm in vielfältiger Weise verbunden: Als junger Maler, der gegen die Akademie opponierte und ästhetische Erwartungen brüskierte, als Vorsitzender der Berliner Secession, später als Direktor der erneuerten Akademie, wie als scharfzüngiger Kritiker und Redner war er eine eminent öffentliche Person. Noch heute ist er der populärste Berliner Maler, bekannter als Menzel oder Krüger.

Liebermanns Stadthaus und Atelier am Pariser Platz wurden im 2. Weltkrieg gänzlich zerstört. Nur der äußeren Form des Baukörpers nach wurde das Gebäude vor wenigen Jahren rekonstruiert. Liebermanns Landhaus dagegen, mit dem gleichfalls imposanten Atelier, aber auch mit dem von ihm gestalteten Garten als Ort des Rückzugs und Quelle der Inspiration hat die Zeit erstaunlich unbeschadet überstanden. Haus und Garten werden nach langen Bemühungen nun endlich, bis Ende 2005, dank dem Engagement hochherziger Sponsoren restauriert und rekonstruiert werden. Nach Beendigung der Arbeiten wird dort neben dem Künstlerhaus und dem Gartendenkmal auch eine kleine Ausstellung zu Leben und Werk Max Liebermanns zu sehen sein und es ermöglichen, diesem an den authentischen Plätzen nachzuspüren. Schon jetzt aber gibt es ein lebhaftes Interesse an diesem Ort und einen wachsenden Kreis von Freunden und ehrenamtlichen Mitarbeitern.

Wir verstehen unsere Ausstellung als eine Unterstützung dieses Projektes, dem die Nationalgalerie auch anderweitig verbunden ist. Das so vielschichtige Thema Garten kann in den Räumen der Nationalgalerie natürlicher umfänglicher dargestellt werden, als es in der Liebermannschen Villa jemals möglich sein wird. Wir werden die Ausstellung „Im Garten von Max Liebermann“ im Mittelgeschoss der Alten Nationalgalerie, in unmittelbarer Nähe zu den Werken der Impressionisten und den Bildern der Deutschrömer vom Irdischen Paradies zeigen.