• Künstler/inSandra Gamarra
  • TitelVitrina III (Autóctono / Nativo / Primitivo / Aborigen)
  • Entstehungsjahr2018
  • GattungInstallation
  • Technik und AbmessungGesamtmaße: 127 x 40 x 180 cm, 7 Zeichnungen auf Acryl, verschiedene Maße
  • Erwerbungsjahr
  • Erwerbung der StiftungJa

Sandra Gamarra, Vitrina III (Autóctono / Nativo / Primitivo / Aborigen), 2018

Die Arbeiten der Serie The Museum of Ostracism (2018) ahmen die Ausstellungslogik eines europäischen Museums für Anthropologie nach und zeigen anthropomorphe Keramiken aus der Inka- und Vorinkazeit, die auf geheimnisvolle Weise in der Luft zu schweben scheinen. Die ordentlich aufgereihten und hinter Glas präsentierten Artefakte stammen aus verschiedenen spanischen Museen, in deren Sammlungen sie in Form von Schenkungen, aber auch als Raubware gelangt sind. Geht man um die Vitrinen herum, stellt man überraschend fest, dass es sich bei den Objekten eigentlich um zweidimensionale Trompe-l’Œil-Malereien handelt. Die Rückseite der Bilder ist jeweils mit Wörtern beschriftet, die zur abwertenden Bezeichnung der Indigenen Völker Südamerikas verwendet werden. Sie bilden eine von der spanischen Eroberung bis zur Gegenwart reichende Genealogie von Vorurteilen.
Im Dialog mit der Installation werden fünf düstere, stimmungsvolle Gemälde gezeigt. Diese aktuellen Arbeiten aus der seit 2015 existierenden und fortlaufenden Serie Cryptomnesia (or in some museums the sun never shines) stellen die Konvention „wissenschaftlicher“ Ausstellungen von nicht-westlichen Gegenständen in europäischen anthropologischen Museen dar.

Gamarra Heshiki setzt bewusst Licht und Schatten ein, was dazu führt, dass ihre Bilder von einer hermetischen Stimmung geprägt sind – seltene Objekte, die konserviert, aber im Dunkeln aufbewahrt werden. Die Künstlerin bricht in einer antagonistischen Geste die Stille dieser musealen Ansichten mit der uns umgebenden Gewalt: In den Ecken der einzelnen Bilder sind Miniaturszenen aus Pressefotos zu sehen, auf denen es um Festnahmen durch die Polizei, um Haftanstalten, Menschenhandel, Konflikte um natürliche Ressourcen sowie andere aktuelle Ereignisse geht, die auf die Beziehung zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden verweisen. Mit dieser Kompositionsweise, die auf den nicht nachlassenden europäischen Impuls abhebt, andere zu objektivieren und zu klassifizieren, verleiht sie dem Begriff der „Kryptomnesie“ – eine Gedächtnisstörung, die eine Person dazu bringt, eine Handlung zu wiederholen, während sie denkt, dass sie etwas erstmalig tut – eine neue Dimension. Sandra Gamarra Heshiki verdeutlicht in dieser Werkkonstellation, wie stark asymmetrische Machtverhältnisse im Bereich der Kultur und des Wissens die Geopolitik einer noch von der kolonialen Matrix geprägten Welt widerspiegeln.

Florencia Portocarrero – Berlin Biennale 2011